Abtauchen auf den Spuren der Waldbewohner aus der Sicht deines jagenden Hundes

Gerade läuft er noch ganz entspannt neben dir, ihr genießt die frische Morgenluft und die ersten Sonnenstrahlen. Doch auf einmal rastet bei deinem Hund ein Schalter ein, er wirkt wie elektrisiert, ist nicht mehr ansprechbar und im nächsten Moment auch schon im Unterholz verschwunden.

Was genau hat da gerade diesen Schalter einrasten lassen? Du hast nichts gesehen, nichts gehört…

Paralleluniversum – zusammen im Wald und doch jeder für sich

Mit welchen Vorstellungen im Kopf brichst du wir zusammen mit deinem Hund zu einem gemeinsamen Spaziergang auf?

Sehr wahrscheinlich mit dem Wunsch, zur Ruhe zu kommen, deine Gedanken schweifen zu lassen, durchzuatmen und einfach abzuschalten. Raus aus dem Alltagstrott und die freie Zeit genießen, begleitet von deinem Vierbeiner.

Vielleicht mag es dein Hunde anders sehen: Endlich runter vom Sofa und rein ins Abenteuer.

Unterschiedlicher könnte die Vorstellung und die Erwartungen, an einen gemeinsamen Spaziergang, kaum sein. Hier ist Unverständnis für die Reaktionen des Anderen definitiv auf beiden Seiten vorprogrammiert. Einer träumt fast vor sich hin, der andere ist hellwach.

Aber was wäre denn, wenn du einmal die Welt um dich herum aus den Augen deines Hundes anschauen würdest? In das Abenteuer deines Hundes einsteigst und mit auf Entdeckungsreise gehst?

Jagender Hund

Mit allen Sinnen unterwegs

Dein Hund ist von der Natur mit phantastischen Sinnen ausgestattet. Er hat einen sehr gut ausgebildeten Geruchssinn, er kann Geräusche orten die du als Mensch nicht wahrnehmen kannst und er bemerkt auch nur die kleinste Bewegung aus den Augenwinkeln heraus.

Diese Sinne haben wir uns in vielerlei Hinsicht zu nutzen gemacht. sei es zum Beispiel auf der Jagd, als Spürhund bei der Polizei oder in der Rettungshundearbeit.

Auch im Freizeitbereich verlassen wir uns beim Trailen, Apportieren oder bei der Fährtenarbeit auf die Fähigkeiten unserer Hunde.

Auf der Spur nach dem auslösenden Reiz

Nicht nur in seinem „Job“ ist der Hund mit all seinen Sinnen unterwegs, sondern auch auf einem Spaziergang.

Stößt er auf eine interessante Geruchsspur, kann er sie zielgerichtet wie auf einer Straße, die er klar vor sich sieht, folgen.

Ein Mäusefiepen aus einem winzig kleinen Erdloch bringt deinen Hund zum erstarren und lässt den ganzen Hundekörper einfrieren, bis er das Geräusch genau geortet hat. Vielleicht neigt er dabei ein wenig den Kopf zur Seite und du kannst ein leichtes Ohrenspiel erkennen.

Eine schnelle Bewegung im Unterholz veranlasst ihn spontan durchzustarten, ganz egal ob es durch dichtes Brombeergebüsch geht oder Du noch hinterherrufst.

Wenn du dir vorstellst, dass du mit allen Sinnen ausgestattet wärest, die dein Hund hat, so würde sich für dich ein ganz anderes Bild in Wald und Feld auftun.

Der Wald ist vernetzt

Von oben betrachtet würde ein Waldabschnitt oder das Feld an dem Du jeden Tag vorbei spazierst, aussehen wie das Straßennetz einer Kleinstadt.

Spuren von Rehen die meist jeden Tag die gleichen Wege gehen, Abdrücke der Fuchsbranten, die Herr Reineke bei seinen nächtlichen Streifzügen hinterlassen hat, Hasenspuren die den Fußweg kreuzen, oder ein frisch umgepflügtes Feld,

auf dem die wilden Wutzen mal wieder die Sau raus gelassen haben.

Jeder dieser Waldbewohner hinterlässt seine ganz persönliche Geruchsspur. Nicht nur über seine Art, sondern auch über seinen Gemütszustand, seine Gesundheit und auch darüber, wann genau er an Ort und Stelle war.

Was kann dir dein Hund über diese Spuren verraten?

Bei meiner Arbeit und auf der Jagd bin ich darauf angewiesen genau zu schauen, wenn meine Hunde die Nase in den Wind strecken und mir so anzeigen, dass sich hier gerade irgendetwas tut.

Je nachdem auf welche Spur sie gerade treffen, kann man leicht an ihrer Gestimmtheit ablesen, was hier gerade vor sich geht und mit was man zu rechnen hat. Sind sie aufgeregt oder auf einmal eher verhalten? Ändert sich die Körpersprache, sind sie angespannt, weichen sie zurück oder stehen sie sogar vor?

Die Reaktionen der Hunde sind hier zum Teil genetisch fixiert und zum Teil die Summe der gemachten Erfahrungen mit der Art des jeweiligen Waldbewohners.

Manches Verhalten deines Hunde mag für dich manchmal banal erscheinen, kann aber beim genaueren betrachten einen Sinn ergeben.

Dein Hund schnuppert eine gefühlte Ewigkeit an einem jungen Baum. Die Nase wandert den Stamm hoch und runter, von links nach rechts und dann das ganze wieder von vorne. Vielleicht kannst du ja erkennen, dass sich hier gerade jemand an den frischen Blättern und der jungen Rinde den Bauch voll gehauen hat. Eventuell findest du auch ein paar Haare und Spuren im Boden die Aufschluss geben können, wer es wohl war.

Ein paar Federn am Wegesrand werden genau von deinem Hund inspiziert. Die wird der gefiederte Freund sicherlich nicht freiwillig hinterlassen haben. Ist er von einem Raubvogel erwischt worden oder hatte der Fuchs da seine Klauen im Spiel? Euer Hund wird es sicherlich wissen.

Das sind nur zwei von unzähligen Situationen in denen du dir bewusst machen kannst, was dein Hund auf einem Spaziergang alles erlebt, was er wahrnimmt und wie fein seine Sinne sind. Er kann oftmals nicht anders, als zu reagieren.

Was kann dir dieses Wissen beim Spaziergang mit deinem jagdlich interessierten Hund nutzen?

Dieses Wissen ersetzt Dir das gezielte Training mit deinem Hund sicherlich nicht. Aber es macht dich auf jeden Fall sensibler für die Umwelt und für die Reize, denen dein Hund schnell erliegt. Es schult deine Beobachtungsgabe und gibt dir Einblicke in den Kopf deines Hundes.

Somit kannst du auf jeden Fall vorausschauender spazieren gehen und vielleicht ringt es dir dann auch eher ein kleines Schmunzeln ab und weckt Verständnis für das, was gerade in ihm vorgeht.


 

Über die Autorin Nicole Lützenkirchen

“Mir ist eine zeitgemäße Einstellung zur Jagd im Hinblick auf den Respekt vor der Natur, dem Wild und dem Menschen sehr wichtig. Ebenso die zeitgemäße Ausbildung von Familien- und Jagdhunden. Mein durch die Jägerprüfung erlangtes Wissen über die Natur und das Wild macht es mir möglich Ihnen besser die Welt im Kopf eines jagenden Hundes und den Reizen denen er draußen im Feld und im Wald erliegt, zu erklären. Dadurch werden sie für die auslösenden Reize sensibilisiert und können vorausschauend und frühzeitig reagieren.”

2011 hat Nicole „Den Weg des Vertrauens“ nach Anton Fichtlmeier kennen gelernt. Nach einer Vielzahl von Seminaren, Schulungen und Vorträgen hat sie sich 2013 für die Trainerschulung nach Anton Fichtlmeier entschieden und dort das Trainermodul absolviert.

Seit 2015 ist sie zudem Zertifizierte Hundeerzieherin und Verhaltensberaterin  IHK.

In ihrer Hundeschule Mein Wildfang arbeitet sie mit jagdlich ambitionierten Hunden und gibt Seminare in ganz Deutschland. In Ihrem Selbstlern-Kurs zum Anti-Jagdtraining können Hundebesitzer sich auch ganz bequem online weiterbilden und einen Eindruck von der Erlebenswelt ihres Hundes bekommen.

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